Ulrich Roski - Concerto Grosso

Zwei- bis dreimal jede Woche
Wirft sich die Familie Schwoche
Groß in Schale, macht sich schick
Und zwar behufs der Hausmusik

Im Laufe dieses Festes
Gibt Jedermann sein Bestes
Auf dem Programm steht gleich ganz vorn
Ein Stückchen auf dem Flügelhorn
Die Jüngste in der Runde
Hat das Ding bereits im Munde

Jedoch die kleine Monika
Bläst vorerst nur die Tonika
Die Pflegerin vom Kinderhort
Begleitet auf dem Klavichord
Und diese gute Tante
Spielt dann die Dominante

Als nächstes tut sich dann hervor
Der übliche Posaunenchor
Das ist nicht grad' ein Ohrenschmaus
Man spendet höflichen Applaus

Der Vetter Lutz spielt dann Chopin -
Er spielt Chopin wie ein Kretin
Nach anderthalb Etüden
Beginnt man zu ermüden
Und schon beim nächsten Forte
Fall'n erste böse Worte

Es folgt noch eine Stretta -
Man plaudert übers Wetter
Und schließlich beim Finale
Quatscht man im ganzen Saale

Dann wird es aber wieder still
Weil niemand was versäumen will
Denn nun singt Base Wanda
Folklore aus Uganda
Schaurig-schön ist jedes Lied
Wanda singt so negroid

Sie endet auf dem hohen A
Und wendet sich an die Mama:
„Sing du jetzt etwas Schumann."
Doch Mutter sagt: „Sing du man!"
Da singt sie was von Haydn -
Das wollte man vermeiden

Nun kommt der Opa auch herbei
Er improvisiert meistens frei
Er reitet auf dem Cello
Und pfeift dazu "Othello"
Und später auch aus "Carmen" -
Es ist zum Gotterbarmen

Nach dem Fiasko folgt zum Glück
Ein richtiges Ensemble-Stück
Ein Quodlibet, wo jedermann
Nach Kräften sich beteil'gen kann

Es ist fürwahr ein hübsches Bild
Wie alles fiedelt, bläst und brüllt -
Nur die Oma hat es leicht
Weil sie nur den Zapfen streicht

Aus diesem allgemeinen Sound
Erwächst ein Solo, dass man staunt
Die Schwägerin aus Ulm, Agathe
Die Enkelin von Sarasate
Erzeugt auf ihrer Bratsche
Ein feuriges Vivace

Sie spielt es nur auf einer Saite
(Kein Wunder, bei den Preisen heute)
Beim fünften Takt ist ihr schon warm
Man bemerkt Flecken unterm Arm
Das überspielt sie mit viel Charme
Da plötzlich aber reißt der Darm

Das ist das Zeichen zum Alarm
Ekstase packt den Schwoche-Schwarm
Bevor sich irgendjemand regt
Hat Lutz bereits den Bass zersägt

Nun kommt die Party erst in Schwung
Es sägt und hobelt alt und jung
Der Opa wirft das Cello fort -
Er wollte eig'ntlich zum Abort
Doch voller guter Laune
Harnt er in die Posaune

Die Tante Margarethe
Vergeht sich an der Flöte
Und Lutz, der kleine Gigolo
Bedrängt sie mit dem Piccolo

Doch alles kommt einmal zum Schluss
Es kommt so, wie es kommen muss
Man hat genug, und alles drängt
Nach Hause, nur der Opa hängt -
Wer will es ihm verargen -
Zermürbt zwischen den Zargen

Zwei- bis dreimal jede Woche
Kommt ein äußerst müder Schwoche
Morgens in die Wurstfabrik -
Denn er pflegt die Hausmusik